Dieses Blog liegt einmal mehr quer in der Landschaft. Aktuell – ich schreibe diesen Text am 6. März 2025 – dominieren Themen wie massive militärische Aufrüstung in Europa, riesige Schuldenpakete in Deutschland, langweilige Bundesratswahlen in der Schweiz sowie ein wirrer Aktionismus der US-Administration in Washington. Absagen an bisherige Freundschaften, Unsicherheit, Angst vor grösseren Umwälzungen, Hilflosigkeit trotz vieler Konferenzen – Fragezeichen über Fragezeichen. Trotz sonniger Frühlingsgefühle und spriessender Blumen liegt dichter Nebel über weiten Teilen der Erde.
Eine ökologische Ethik entwickeln
Und ich verweise auf das Buch von Philipp Blom mit dem Titel «Die Unterwerfung. Anfang und Ende der menschlichen Herrschaft über die Natur». Es wurde vor 3 Jahren veröffentlicht. Gehört das Jahr 2022 bereits zu einer anderen Zeit? Vor die oft zitierte Zeitenwende? Nein, so schnell geht es nicht. Philipp Blom schrieb ein Plädoyer für eine ökologische Ethik. Für mich ist es auch heute bedenkenswert – und morgen wohl ebenso. In Teil III, «Kosmos», ermuntert er, auf neue Bausteine des Denkens zu bauen und einige bisherige wegzulassen. Ich fasse sein Plädoyer hier auf 10 Seiten zusammen. Dass die Dimension einer veränderten Kultur im Lärm von «Man müsste jetzt», Machtphantasien, Kriegsängsten und Schuldenwirtschaft wenig zählt, ist mir schon klar. Trotzdem.
Epikur motiviert zu Gelassenheit
Und ich verweise auf einen Philosophen aus einer wirklich anderen Zeitepoche. Er lebte von 341 bis 271/270 vor unserer Zeitrechnung im antiken Griechenland. Sein Name: Epikur von Samos. Er wirkte am Anfang des sogenannt hellenistischen Zeitalters, das von 323 bis 30 dauerte. Leider seien seine meisten Hauptschriften verloren gegangen, heisst es. Man kennt ihn fast nur aus Werken anderer Philosophen, die über ihn diskutierten. Dennoch gibt es Briefe und Hauptlehrsätze aus einer Spruchsammlung.
Epikurs Philosophie will negative Emotionen minimieren, indem Menschen ein Leben in Gelassenheit und Zufriedenheit anstreben. Sie inspiriert zu Lebenskunst. Ruhe und Mässigung sind Faktoren, um in alltäglichen Dingen Glück zu erfahren sowie Schmerz und Angst zu überwinden. Freundschaft bildet einen zentralen Wert in Epikurs Philosophie. Denn starke Beziehungen und gegenseitige Unterstützung führen zu Lebensfreude, sagte er.
Garten versus Grosskonzern
Doch gerade der Grosskonzern katholische Kirche hatte an Epikur gar keine Freude. Er zeigte nämlich keine Angst vor Göttern, denn diese hätten kein Interesse, sich in Angelegenheiten der Menschen einzumischen. Ihre Abwesenheit sei daher ein Aufruf, mit eigenen Mitteln nach Ordnung und Stabilität zu suchen. Zudem machte er sich keine Sorgen um den Tod. Nach dem Tod sei ja alles aus, daher zähle dieser nichts. Das alles lag quer zur offiziellen römisch-katholischen Lehre. Auch ein dritter Punkt gab Anlass zu Reibungen: Gutes sei leicht zu erreichen, meinte der Philosoph. Essen und Trinken seien unerlässlich fürs Überleben und Wohlbefinden des Körpers. Nichts mit Fasten! Nichts mit Jammertal! Natürlich gebe es schmerzhafte Erfahrungen. Doch sie seien meist flüchtig und im Vergleich zum ganzen Leben kurz. Falls Schmerzen vorkommen, soll sich der Mensch auf angenehme Erfahrungen konzentrieren und körperliches Unbehagen durch geistige Freude ausgleichen. Heute heisst dies Resilienz.
Als weder notwendig noch natürlich erachtet Epikur Bedürfnisse und Wünsche nach Macht, Geld und Ruhm. Damit liegt sein Gedankengut quer zu manchen Vorstellungen von Glück. Seine Philosophie soll auf Erfahrungen in einer ländlichen Umgebung basieren und damit auf dem engen Kontakt mit der Natur. Kein Zufall ist es, dass seine Schule als «der Garten» bekannt war. In seinem Garten vermischten sich philosophische Diskussionen mit dem Anbau von Pflanzen und Gemüse – und dies in einer Atmosphäre der Freundschaft. Auch ein letzter Gedanke passt zum «Garten»: ein weiser Mensch strebe nicht nach dem Beifall der Massen, sondern lebe verborgen. Tatsächlich ein Blog, das quer in der Landschaft liegt.
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