Leon wird der neue Papst in Peru genannt. Er ist der erste peruanische Papst. So sagen sie in Lateinamerika. Im Westen wird er als erster Papst der USA bezeichnet. Und im Vatikan gilt er als Römer, ist Fan der AS Roma. Heute Sonntag fand die offizielle Amtseinführung von Papst Leo XIV. statt. Robert Francis Prevost, so sein bürgerlicher Name, verbindet in seiner Person drei Kulturkreise. Drei Pässe trägt er auf sich, spricht und versteht einige Sprachen. Er passt in unsere Zeit. Zudem ist er u.a. studierter Mathematiker, Tennisspieler und Ordensmann, lächelt freundlich und einladend. Am 14. September wird er 70 Jahre jung – der erste Papst, der jünger ist als ich. Tempora mutantur. In Rom trainierte er als «Robert» regelmässig im Fitnessstudio, niemand wusste dort, wer er war. Ob er dort sein Training fortsetzen wird?
Am 8. Mai wurde Robert Francis Prevost im 4. Wahlgang vom wahlberechtigten Kardinalskollegium zum offiziell 267. Bischof von Rom gewählt – am Tag des Gedenkens ans Ende des Zweiten Weltkrieges in Westeuropa vor 80 Jahren. Seine ersten Worte in der Öffentlichkeit: «Pace per tutti!» E nahm den Namen Leo an, dies in Verbindung zum Namensvorgänger Leo XIII., der mit seiner Sozialenzyklika «Rerum Novarum» 1891 in die Geschichte einging. An dessen Grab in der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom befindet sich die Skulptur eines Arbeiters. Leo XIV. setzt Zeichen. Als wichtigste soziale Frage sieht er heute die KI, die Künstliche Intelligenz und deren Entwicklungen.
Worte entwaffnen
In seiner ersten Begegnung mit Medienschaffenden bat er diese um verbale Abrüstung: «Entwaffnen wir die Worte und helfen wir, die Erde zu entwaffnen. Donnernde Kommunikation ist nicht hilfreich.» Damit setzt er auf eine andere Strategie als ein anderer Amerikaner, der medial ständig im Mittelpunkt stehen will. Der Mann aus Chicago stellt mit seiner zurückhaltenden Art den Mann aus New York glatt in den Schatten und entlarvt dessen bluffendes Bild auf Instagram ohne Worte.
Was in unserer Medienwelt aber nicht zu vermeiden ist: Erwartungen an den neuen Papst sind riesig, viel zu riesig – auch in diesem Bereich wäre Abrüstung dringend und sinnvoll. Kirchenbilder in Westeuropa oder Osteuropa, in Nord- und Südamerika, in Afrika und in Asien unterscheiden sich stark. 1,4 Milliarden Katholik:innen lassen sich nicht auf einen Nenner bringen. Verbindliche Lösungen für das «kath’holon» (= in Bezug auf das Ganze, das Allgemeine) gibt es nicht, klüger sind / wären synodale Prozesse. Noch komplizierter wird es, wenn Leo XIV. für einige Beobachter mehr sein müsste als ein Papst nur für Katholik:innen. Wenn er ein Hoffnungsträger über Kultur- und Religionsgrenzen hinaus sein sollte. Zwar versteht sich der neue Papst als Brückenbauer, als jemand, der den Dialog sucht und auf Reisen geht, um Menschen nahe zu sein. Er will sich für Frieden einsetzen, für Gerechtigkeit. Er sehnt sich nach Wahrheitsfindung. Das sind schwierige uneindeutige Begriffe. Aber die Möglichkeiten eines Papstes sind begrenzt. Ob der Bischof von Rom eine geistliche Instanz ist, die über der Tagespolitik steht? Vielleicht erweist sich eine solche Instanz bloss als europäische Projektion und Überforderung. Zudem ist es unmöglich, eine Instanz zu sein, von der Glaubwürdigkeit gefordert wird in einer Zeit, die eigentlich an nichts mehr glaubt. Bitte Worte und Bilder entwaffnen!
Beobachtungen bei der Amtseinführung
Heute, am 18. Mai 2025, traf sich ein breites Spektrum von Menschen und Weltanschauungen auf dem Petersplatz: neben Vertretern verschiedener christlicher Konfessionen waren Repräsentanten von Judentum, Islam, Buddhismus, Hinduismus, Sikhismus, Zoroastrismus und Jainismus anwesend – dazu 150 diplomatische Delegationen aus aller Welt. Der Bischof von Rom sprach in seiner Predigt von «zu viel Zwietracht, zu viele Wunden, die durch Hass, Gewalt, Vorurteile, Angst vor dem Anderen und durch ein Wirtschaftsmodell verursacht werden, das die Ressourcen der Erde ausbeutet und die Ärmsten an den Rand drängt». Leo XIV. rief dazu auf, Einheit, Gemeinschaft und Geschwisterlichkeit zu fördern. An alle Menschen, ganz gleich welchen Glaubens oder noch auf der Suche, appellierte er, sich gemeinsam auf den Weg zu machen, um eine neue friedliche Welt aufzubauen. Ob seine Worte über den Tag hinaus beachtet werden?